Liebe Mitchristen!
Im heutigen Evangelium berichtet Lukas, wie Jesus 40 Tage lang in der Wüste lebt und dort vom Teufel in Versuchung geführt wird. Man könnte sich die Frage stellen: Warum geht Jesus überhaupt in die Wüste?
Hat er das nötig? Es ist vielleicht eine Anspielung auf die vierzig Jahre, die das Volk Israel in der Wüste zugebracht hat. Dies war jedoch kein Umherirren in der Wüste, sondern vielmehr eine Wanderung aus Ägypten in das gelobte Land – eine Wanderung aus der Sklaverei hin in ein Leben in Würde und in die Freiheit, die ein Leben im Glauben und Vertrauen auf ihren Gott Jahwe gewährt. Wie wir aus dem Buch Exodus wissen, war dies ein eindrucksvoller, aber auch schwieriger Lernprozess mit vielen Höhen und Tiefen.
Einerseits identifiziert sich Jesus in der Wüste mit der Geschichte und dem Weg seines Volkes.
Andererseits ist von Versuchungen des Satans die Rede. Mit allen Mitteln seiner Macht will dieser Jesus nicht nur in sein Leben hineinreden, sondern ihn auf seine Seite ziehen und für sich vereinnahmen. Es geht um die großen Versuchungen der Welt: den Hunger nach Reichtum, den Hunger nach Ehre und den Hunger nach Macht. Und dieser Hunger wird schnell zur Gier.
Jesus geht in die Wüste, um auf diese Versuchungen eine Antwort zu geben. Für ihn und für jeden, der ehrlich und entschieden seinen Weg sucht, gibt es nur eine Antwort: sich von allem zu befreien, was mir eingeredet wird, und auf die Stimme zu hören, die mir sagt, wer ich bin und was meine Aufgabe ist. Ich denke, das ist gerade in der heutigen Zeit ein riesiges Arbeitsfeld, auf dem es gilt, die Geister zu unterscheiden, und einfach und treu den eigenen Weg zu gehen.
Und dazu brauchen wir immer wieder Zeiten der Stille und des Nachdenkens. Schnelligkeit und Kurzfristig- keit sind dabei nicht gefragt. Eine schnelle und kurz- fristige Antwort muss nicht immer die richtige sein.
Zeit in der Wüste könnte so gesehen zu einer Zeit des Nachdenkens werden. Dabei kann uns solches
Nachdenken auf sehr wichtige Spuren führen, z.B. wieder zu einer bewährten und schon immer gültigen Überzeugung zu gelangen. Das kann ganz spannend sein, Stille und Besinnung zu suchen, um über die Spuren nachzudenken, auf die Gott mich gebracht hat und weiterhin führen will. Ich wünsche Ihnen auch im Namen des Seelsorgeteams, dass die bevorstehende Fastenzeit für Sie eine Zeit der Stille und des Nachdenkens wird, die prägende und bleibende Spuren mit Gott hinterlässt.
Ihr und Euer Diakon Michael Gruß