Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Niemals zuvor fiel es mir so schwer, unbeschwerte und heitere Worte an Karneval zu finden. Einmal natürlich, weil nun schon zum zweiten Mal ein kleiner Virus das große weltweite Fest der Ausgelassenheit und des Frohsinns ebenso weltweit zum Erliegen gebracht hat. Darüber hinaus nimmt mir die katastrophale Situation meiner Kirche zunächst einmal jegliche Leichtigkeit. Das hält allerdings nur eine kurze Weile vor.
Denn dann erinnere ich mich an eine wahre Begebenheit, die sich zwischen dem französischen Kaiser Napoleon und dem päpstlichen Legaten Kardinal Consalvi zutrug. Es war bei den Konkordats-Gesprächen im kaiserlichen Palast zu Paris. Der kleine korsische General schäumte vor Wut, da er bemerken musste, dass sein Gegenüber ihm intellektuell überlegen war und anscheinend den nötigen Respekt verwehrte. Zornig sprang er auf und rief: „Exellence! Wissen Sie nicht, dass ich, Napoleon Bonaparte, die Kirche zerstören kann?!“ Darauf antwortete Consalvi in aller Seelenruhe: „Sire, die Kirche zu zerstören haben in all den Jahrhunderten wir Bischöfe nicht geschafft, das schaffen Sie auch nicht.“ Nun könnte man empört einwenden:
„Willibert, die kirchlichen Verbrechen lassen sich doch nicht durch nette Anekdötchen übertünchen!“ – Natürlich nicht!
Deshalb habe ich diese Geschichte auch nicht erzählt.
Es ist nämlich nicht nur eine Parabel über die verblüffende Selbst-Ironie des Kirchenmannes, sondern ein regelrechtes Lehrbeispiel über die befreiende Kraft des Humors.
Selbstverständlich möchte ich damit nicht die entsetzlichen Schandtaten an unschuldigen Kindern und deren Vertuschung durch die Kirche humorvoll verharmlosen. Dann würde ich ja selbst zum Mittäter. Gerade an einem so ungewöhnlichen Karneval können wir also lernen, dass das innerste Wesen des Humors nicht oberflächliche Witzchen sind, sondern eine tiefe Kraft der Erlösung, der Heilung und des Trostes. Deshalb sind Religiostät und Humor Schwester und Bruder. Und gerade deshalb wage ich, in diesen düsteren Zeiten, aus der österlichen Freiheit des Christenmenschen zu rufen:
Alaaf und Helau!
Für das Pastoralteam
Ihr Diakon und Büttenclown Willibert Pauels