Zum Advent

4. Advent

Zweiter Feiertag von Hans Dieter Hüsch

Nun haben wir ja wirklich, meine lieben Freunde und Freundinnen, in wenigen Tagen wieder Weihnachten und meine Frau liegt schon seit voriger Woche auf den Knien und wienert die Wohnung. Ja, es muss alles seine Ordnung haben, sagt sie dann. Es muss alles seine Ordnung haben. Wer weiß, wer weiß, wer weiß, ob uns der liebe Gott nicht dieses Jahr wieder besucht, wie vor drei Jahren. Da war doch alles hier ein Sauhaufen, eine Bruchbude. Ja sicher, aber damals hatte er sich auch vorher angekündigt. Da hat er doch noch zu mir gesagt, vielleicht.

Ich war ja bekanntlich vor einigen Jahren für ein paar Wochen im Himmel, und auf der Rückfahrt mit seinem Fahrrad hat er mich dann zu Hause abgesetzt. Und da hat er gesagt, er ist dann weiter nach Dinslaken gefahren, also, zu seiner Schwester, die hat ja da eine kleine Wäscherei, das wissen Sie, und da hat er wörtlich zu mir gesagt, ich komme vielleicht mal am zweiten Feiertrag kurz bei euch vorbei. Von Dinslaken aus ist es ja wirklich nur ein Katzensprung. Aber ihr müsst nichts Besonderes machen, nichts Besonderes, ich bitte euch, haltet mir nur die Leute vom Leib. Und ein Stück Kuchen, ein Schnäpschen, und wenn ihr noch was vom Gänsebraten habt, gut, in Ordnung, und Plätzchen und Kaffee und Pralinen. Deine Frau macht doch übrigens so wahnsinnig leckere Pralinen. Aber bitte keine Umstände, um Gottes willen, sagt er, um Gottes willen, grinsend sagt er: um Gottes willen, bitte keine Umstände, sprang auf aufs Fahrrad und fuhr davon. Ja, das war so etwa zehn Tage vor Weihnachten, und als ich das meiner Frau erzählte, brach sie fast zusammen und fing sofort an zu schrubben und zu scheuern und alles musste picobello aussehen, ein Zimmer wurde extra neu tapeziert und, und, und.

Ja, sagte meine Frau, da kann er mir hundertmal sagen bitte keine Umstände, darauf falle ich nicht rein. Um Gottes willen. Gerade die, die dauernd sagen bitte keine Umstände, das sind die Schlimmsten, das sind die Schlimmsten, das sind die Spießigsten, ja, ich kenne diese Sorte“ Du kennst sie nicht, sagte ich. Der kommt ganz locker in Jeans und Pulli und Lederjacke. Ha, ha, sagt meine Frau, an Weihnachten kommt der in einem langen weißen Kittel, mit grauem VolIbart, schon wegen der Kinder. Ich muss übrigens noch die Schränke abstauben. Da geht der bestimmt mit dem Zeigefinger da drüber und dann wirbelt der ganze Staub auf. Und als er dann kam, ja, da kam er etwa wie ]oschka Fischer, bevor er Minister wurde. Grauer Anzug, schwarzes T-Shirt, Hände in den Taschen, und ich sagte als erstes, du hast abgenommen. Ja schon, sagt er, der Weihnachtsstress, weißt du, aber das hol ich wieder rein, das hol ich wieder rein. Und was soll ich Ihnen sagen, er fraß uns die Haare vom Kopf.

Ich sagte immer wieder, mit Blick auf meine Frau, köstlich, vorzüglich, wunderbar. Nächstes Jahr komme ich wieder, sagte er. Aber er ist in den letzten zwei Jahren noch nicht gekommen. ich weiß auch nicht, warum. Aber trotzdem ist bei uns wieder alles blitzblank. Meine Frau ist da vorsichtig, jeder, der uns an den Feiertagen besuchen will, ist herzlich eingeladen, und kann vom Fußboden essen, wenn’s drauf ankommt. So blitzblank ist es bei uns.

Lukas 10,38-42

Als Jesus mit seinen Jüngern weiterzog, kam er in ein Dorf, wo er bei einer Frau aufgenommen wurde, die Marta hieß.
Maria, ihre Schwester, setzte sich zu Füßen von Jesus hin und hörte ihm aufmerksam zu.
Marta aber war unentwegt mit der Bewirtung ihrer Gäste beschäftigt. Schließlich kam sie zu Jesus und fragte: »Herr, siehst du nicht, dass meine Schwester mir die ganze Arbeit überlässt? Sag ihr doch, dass sie mir helfen soll!«
Doch der Herr antwortete ihr: »Marta, Marta, du bist um so vieles besorgt und machst dir so viel Mühe.
Nur eines aber ist wirklich wichtig und gut! Maria hat sich für dieses eine entschieden, und das kann ihr niemand mehr nehmen.«

 

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